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Gemeinsames Sorgerecht auch bei zerstrittenen nicht miteinander verheirateten Eltern

Streit der Eltern über Nachmittagsaktivitäten des Kindes,  welche  die Umgangszeiten des Vaters beschränken, rechtfertigt es für sich genommen nicht, einen Antrag des Kindesvaters auf  gemeinsames Sorgerecht abzuweisen. Der Streit der Eltern muss sich vielmehr auf wichtige Erziehungsfragen beziehen.  Es genügt  nicht, nur allgemein auf konflikthafte Situationen im Verhältnis der Eltern zu verweisen (OLG Frankfurt Beschluss vom 08.02.2016 – 4 UF 226/15 ).

Die Gesetzesänderung aus dem Jahr 2013 hat für den nichtehelichen Vater Früchte getragen. Es reicht nämlich nicht aus, dass die Eltern  miteinander streiten, um bereits eine Kindeswohlgefährdung anzunehmen, wie Jugendämter und Verfahrensbeistände oft in ihren Stellungnahmen behaupten. Meinungsverschiedenheiten der Eltern sind nur dann beachtlich, wenn sie wesentliche Erziehungsfragen betreffen, also über den Bereich der Alltagssorge hinausgehen. So gehört zum Beispiel ein Streit darüber, ob das Kind  an einer Zirkus-AG nach der Schule teilnimmt und dadurch die Umgangszeiten des Vaters beschränkt werden, nicht zu grundsätzlichen Erziehungsfragen.

Was sind also wichtige Erziehungsfragen? Das Umgangsrecht gehört an erster Stelle hierzu. In diesem Punkt sollten die Eltern grundsätzlich Einigkeit zeigen. Der weitgehend konfliktfreie Umgang bzw. die Beziehung zu beiden Eltern sollte für das Kind möglich sein. Auch schulische Belange gehören zu wichtigen Erziehungsfragen. So zum Beispiel welche weiterführende Schule das Kind besucht. Soll es Abitur machen oder genügt die Mittlere Reife? Wann liegt Überforderung vor und wann Unterforderung? Die ärztliche Behandlung wird dann zu einem wesentlichen Punkt, wenn es um schwerwiegende Folgen geht. So dürfte ein stationärer Aufenthalt in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie oder auch eine ambulante Psychotherapie nicht mehr in den Bereich der Alltagsfragen fallen. Ob das Kind psychiatrisch krank oder psychisch auffällig ist und welche Behandlung notwendig und angemessen ist, kann für das Kind schwerwiegende Folgen haben. Der Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik kann Weichen für die Zukunft stellen.

Der Streit in wichtigen Erziehungsfragen muss schließlich eine Form angenommen haben, die durch Beratung nicht veränderbar ist und in der Zukunft kaum eine Chance besteht, dass die Konflikte bearbeitet werden können. Sind die Eltern noch kommunikationsfähig oder ist Beleidung und  gegenseitige Abwertung an der Tagesordnung. Die Aussichtslosigkeit einer Veränderung ist natürlich immer eine Entscheidung im Augenblick. Wie sich die Dinge entwickeln, insbesondere wenn das Kind selbst mitentscheiden kann, ist kaum je voraussehbar. Entscheidend ist jedoch die Kommunikationsbereitschaft und der Respekt vor dem anderen Elternteil. Fehlt es an dieser Haltung, ist ein gemeinsames Sorgerecht dem Kind abträglich.

C. Werner-Schneider
– Rechtsanwältin –

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