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Die Pflicht zur Erwerbstätigkeit bei gehobenen Einkommensverhältnissen nach langer Ehe

Sie haben viele Jahre in besonders guten wirtschaftlichen Verhältnissen gelebt und die Kinder betreut. Nun kommt es zur Trennung. Die Kinder sind fast erwachsen und Sie haben 15 – 20 Jahre ihren Beruf nicht mehr ausgeübt. Sie sind jetzt im mittleren Alter, das heißt für die Rente zu jung und für den Wiedereinstieg ins Berufsleben fehlt Ihnen der Mut. Wenn Ihr Partner jetzt nach der Trennung verlangt, dass Sie (wieder) in Ihrem früheren Beruf erwerbstätig sind, wird die Situation für Sie zur existentiellen Bedrohung. Sie sollten sich über die Rechtslage informieren und einen kühlen Kopf bewahren.

Zunächst einmal muss unterschieden werden zwischen Trennungsunterhalt und nachehelichem Unterhalt, auch Scheidungsunterhalt genannt. Der Trennungsunterhalt muss bis zur Rechtskraft der Scheidung gezahlt werden. In dieser Zeit besteht zumindest für das erste Jahr nach der Trennung noch keine Pflicht zur Erwerbstätigkeit. Die ehelichen Verhältnisse können so beibehalten werden wie sie bisher gelebt wurden. Der Streit wird häufiger über den nachehelichen Unterhalt geführt und über Zeiträume bei fortgeschrittener Trennung. Der Maßstab für den Trennungsunterhalt ist gegenüber dem nachehelichen Unterhalt weniger streng, so dass es sich empfiehlt, die Rechtskraft der Scheidung so lange wie möglich hinauszuzögern.

Beim nachehelichen Unterhalt gilt seit der Unterhaltsreform 2007 grundsätzlich die erhöhte Eigenverantwortlichkeit der Eheleute, weshalb die Erwerbstätigkeit auch des Ehegatten, der lange nicht gearbeitet hat während der Ehe, wieder erwartet wird. Es ist aber stets eine Einzelfallbeurteilung. Als Orientierungshilfe dienen folgende Kriterien: erlernter Beruf, frühere Erwerbstätigkeit, Alter, Gesundheitszustand, Dauer der Familienphase, Dauer der Ehe und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute. Weiterhin muss eine reale Beschäftigungschance bestehen. Waren bzw. sind die Einkommens- und Vermögensverhältnisse in der Ehe besonders gut, der einstmals erlernte Beruf aber von Status und Einkommen niedriger, stellt sich die Frage, welche Arbeit noch zumutbar ist nach 20 Jahren gewohntem besonders gehobenem Lebenszuschnitt. Welche Erwerbstätigkeit ist angemessen in diesen Fällen? Wann ist ein Absinken des durch die Ehe erworbenen sozialen Status zumutbar?

Der BGH hat in ständiger Rechtsprechung wiederholt ausgesprochen, dass der erlernte oder schon früher ausgeübte Beruf nach Scheitern der Ehe wieder aufgenommen werden muss. Eine solche Erwerbstätigkeit ist regelmäßig zumutbar. Nur wenn die gegenwärtigen Lebensverhältnisse in erheblicher Weise von dem früheren Maßstab abweichen und die Berufstätigkeit sehr lange zurückliegt, kann die Angemessenheit ausnahmsweise entfallen sein. Das heißt, nur im Ausnahmefall kann sich – in der Regel noch immer die Frau – darauf berufen, den sozialen Status während der Ehe aufrechterhalten zu können.

§ 1574 BGB schützt den geschiedenen Ehegatten zwar vor dem sozialen Abstieg. Die Ehefrau eines Vorstandsvorsitzenden oder Diplomaten muss keinen unangemessenen sozialen Abstieg hinnehmen. Sie kann sich auf den aus der gemeinsamen Gestaltung der Ehe ergebenden Vertrauensschutz berufen. Nach der Unterhaltsreform muss sie jetzt aber darlegen, dass eine an sich bestehende Erwerbstätigkeit in ihrem früheren Beruf für sie aufgrund der ehelichen Lebensverhältnisse unzumutbar ist. Sie muss also eine nachhaltige gemeinsame Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse darlegen und im Bestreitensfall auch beweisen. Das Gericht hat dann im konkreten Einzelfall sorgfältig abzuwägen. Die ehelichen Lebensverhältnisse gewinnen vor allem bei langer Ehedauer an Gewicht gegenüber der wirtschaftlichen Eigenverantwortung nach der Scheidung. Bei langer Ehe kann sich daher in gehobenen wirtschaftlichen Verhältnissen der Kreis der als angemessen in Betracht kommenden Erwerbstätigkeiten verengen. Dennoch wird nach der Unterhaltsreform die frühere Erwerbstätigkeit grundsätzlich wieder aufzunehmen sein. Der in der Ehe erworbene soziale Status könnte dann nur über einen Aufstockungsunterhaltsanspruch gem. § 1573 Abs. 2 BGB gesichert werden. § 1578 b BGB gibt dem Unterhaltsschuldner jetzt nach der Unterhaltsreform allerdings die Möglichkeit, durch Befristung und Herabsetzung des Unterhalts den sozialen Status, wie er vor der Ehe bestanden hat, wieder herzustellen, wenn auch nicht sofort. Voraussetzung ist aber, dass ehebedingte Nachteile, die in der Regel durch Kindererziehungszeiten entstanden sind, nicht (mehr) bestehen. Dies bedeutet, dass in Fällen langjähriger Ehe und bleibender ehebedingter Nachteile aufgrund einer langen Familienpause, der durch die Ehe erworbene Status durchaus immer noch lebenslang erhalten werden kann. Dies dürfte aber zunehmend der Ausnahmefall sein.

C. Werner-Schneider
– Rechtsanwältin –

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