Die gemeinsame Immobilie kann bei der Trennung zum Albtraum werden. Was sollten Sie wissen:
1. Privatsphäre und Persönlichkeitsrecht verbieten das Betreten der Immobilie
Eine gemeinsame selbst bewohnte Immobilie mit dem Ehepartner ist bei einer Trennung oft ein Hemmschuh für eine räumliche Trennung. Denn derjenige, der aus dem Haus oder dem Wohnungseigentum auszieht, überlässt dem anderen die Ehewohnung und kann dann nicht mehr so ohne weiteres zurückkehren. Auch als Miteigentümer der Immobilie verliert er das Recht, das Haus oder die Wohnung ohne Zustimmung des anderen zu betreten. Nicht einmal, um persönliche Sachen zu holen. Dies deshalb, weil jetzt die Immobilie zur alleinigen Wohnung des dort verbliebenen Ehegatten geworden ist. Die Privatsphäre und das Persönlichkeitsrecht des dort lebenden Ehegatten muss der andere respektieren und kann in der gemeinsamen Immobilie nicht mehr ein- und ausgehen wie er möchte. Das Betreten des Hauses/ der Wohnung ist nur noch nach vorheriger Anmeldung bzw. Absprache möglich. Und auch das nur bei einem berechtigten Grund, wie zum Beispiel eine notwendige wichtige Reparatur, um die Immobilie zu erhalten.
2. Wohnungszuweisungsantrag stellen
Ist die räumliche Trennung erst einmal vollzogen, also einer der Ehegatten ausgezogen, hat es der in der früheren Ehewohnung verbliebene oft in der Hand, auf Dauer dort wohnen bleiben zu können, wenn finanzielle Enge, Krankheit, Alter oder gemeinsame minderjährige Kinder das Verbleiben in der Immobilie rechtfertigen können.
Sind Sie ausgezogen und wollen aber diese Situation nicht hinnehmen, müssen Sie beim Familiengericht vor Ablauf von 6 Monaten seit ihrem Auszug einen Wohnungszuweisungsantrag stellen. Dann wird abgewogen für wen die besseren Argumente sprechen, das heißt, wer ist der wirtschaftlich und persönlich schwächere. Insbesondere die Interessen minderjähriger Kinder sind meistens ausschlaggebend. Der Lebensmittelpunkt der Kinder muss also bei demjenigen Elternteil sein, der in der Immobilie verbleiben ist. Ein Wechselmodell könnte dann möglicherweise nicht ausreichen, die Immobilie als Wohnung zugewiesen zu bekommen.
3. Nutzungsentschädigung berechnen
Eine Nutzungsentschädigung kann der ausgezogene Gatte zwar verlangen, aber nur dann, wenn die Lasten für die Immobilie nicht höher sind als eine fiktive Miete. Insbesondere Finanzierungskredite und Hausgeld für das Wohnungseigentum werden gegengerechnet, vorausgesetzt, der in der Immobilie wohnende Ehegatte zahlt die Kosten für die Immobilie allein oder hälftig. Auch im Falle von Unterhaltszahlungen an die in der Immobilie wohnende Ehefrau bleibt kein Raum mehr für eine Nutzungsentschädigung, wenn der Ehefrau bei der Unterhaltsberechnung ein Wohnvorteil zugerechnet wurde.
4. Immobiliendarlehen regeln
Das Immobiliendarlehen in Höhe der noch valutierenden Restschuld muss geregelt werden. Hier droht demjenigen, der finanziell besser gestellt ist als der andere, der in der Immobilie wohnen geblieben ist, aber kein ausreichendes Einkommen hat, um sich an der Rückzahlung zu beteiligen, die Alleinverantwortung für den Kredit. Dann heißt es zahlen, obwohl man keinen Nutzen mehr an der Immobilie hat. Denn die Bank holt sich ihr Geld von demjenigen, der es hat. Sind die finanziellen Verhältnisse des in der Immobilie verbliebenen Ehegatten sehr prekär, ist dann auch über den Gesamtschuldnerausgleich, also im Innenverhältnis zwischen den Ehegatten, nichts zu holen.
5. Vertragliche Einigung
Es empfiehlt sich, eine Trennungs- oder Scheidungsfolgenvereinbarung, also einen Vertrag, zu schließen, in dem vereinbart wird, wer von den Ehegatten die Immobilie zu Alleineigentum erhalten soll oder auch ein Verkauf der Immobilie einvernehmlich bestimmt wird. Dieser Vertrag kann bei bereits laufendem Scheidungsverfahren vor dem Familiengericht protokolliert werden, was die vertragliche notarielle Beurkundung ersetzt. Ist das Scheidungsverfahren noch nicht eingeleitet und auch noch gar nicht von den Eheleuten gewollt, muss der Vertrag notariell beurkundet werden. Die Eigentumsumschreibung kann dann auch gleich mit erledigt werden.
Natürlich muss derjenige Ehegatte, der seinen hälftigen Miteigentumsanteil auf den anderen überträgt, ausbezahlt werden. Dieser Punkt ist mit erheblichem Verhandlungsgeschick verbunden und kann oft sehr lange dauern. Sie sollten anwaltlichen Beistand haben, denn meistens wird ein „Gesamtpaket“ geschnürt mit Unterhalt und anderen Forderungen wie Zugewinnausgleich, was für einen Laien nicht zu bewältigen ist. Wichtig ist als erstes, dass der Verkehrswert der Immobilie festgestellt wird oder man sich zumindest darauf einigen kann. Für ein Sachverständigengutachten können Sie sich auch an das Ortsgericht wenden. Ein von einer Partei in Auftrag gegebenes Privatgutachten wird bei einer späteren gerichtlichen Auseinandersetzung nicht anerkannt. Am einfachsten für das außergerichtliche Aushandeln des Auszahlungsbetrages ist die Auskunft eines ortsansässigen Immobilienmaklers. Letztlich müssen aber beide Parteien diesen möglichen Verkaufserlös für realistisch erachten.
Bei dieser Variante der Problemlösung muss dann noch daran gedacht werden, das Immobiliendarlehen aufzulösen bzw. mit der Bank auszuhandeln, dass der Ehegatte, welcher seinen Immobilienanteil an den anderen überträgt, aus den Darlehensverträgen entlassen wird. Im Trennungsvertrag oder in der Scheidungsfolgenvereinbarung können Sie nur im Innenverhältnis regeln, dass das Darlehen von demjenigen allein bedient wird, der die Immobilie zu Alleineigentum erhält. Im Außenverhältnis – also im Verhältnis zur Bank – können Sie dies nicht. Die Banken regeln die neue Situation meistens erst nach Abschluss des Vertrages. Das heißt, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses besteht der Darlehensvertrag noch mit der Maßgabe, dass beide Eheleute Darlehensnehmer sind. Insgesamt ist dieser Punkt in der Praxis oftmals schwierig zu regeln, weil die Banken natürlich eine neue Bonitätsprüfung machen und den finanziell stärkeren Ehegatten nicht aus dem Vertrag lassen, wenn nicht genügend Sicherheiten gegeben sind. Hier heißt es alle möglichen Lösungswege im Einzelfall
zu bedenken und einzuschlagen.
6. Letzter Ausweg: Teilungsversteigerung
Ein Vertrag setzt natürlich immer voraus, dass sich beide Parteien freiwillig einigen allein oder
mit anwaltlicher Hilfe. Hier besteht das Problem, wenn einer der Ehegatten, meistens derjenigen, der in der Immobilie wohnt, gar kein Interesse daran hat, dass die Situation geklärt wird. In diesem Fall bleibt letztlich nur noch die Teilungsversteigerung, die Jahre dauern kann, insbesondere dann, wenn sich auch noch hinsichtlich der Erlösverteilung ein „Rosenkrieg“ anschließt.
Auch die im Grundbuch noch immer eingetragene Grundschuld für den Immobilienkredit, der schon längst zurückgezahlt ist, kann in der Teilungsversteigerung zum Problem werden. Ist die
eingetragene Grundschuld höher als der Verkehrswert der Immobilie, findet sich kein Käufer. Denn das geringste Gebot ist die eingetragene Grundschuld. In diesem Fall muss die Grundschuld erst gelöscht werden und hierfür brauchen Sie wieder die Zustimmung Ihres Ehegatten. Lassen Sie es daher nicht so weit kommen und handeln Sie mit anwaltlicher Hilfe eine Trennungs- oder Scheidungsfolgenvereinbarung aus.
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