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Checkliste: Wer darf im Haus wohnen bleiben bei Trennung?

Sie leben mit Ihrer Ehepartnerin oder Ihrem Ehepartner mit gemeinsamen Kindern in einem Haus, das ihnen entweder gemeinsam gehört oder einem Ehegatten allein. Wollen Sie sich trennen und es entsteht Streit darüber, wer mit den Kindern im Haus wohnen bleibt und wer auszieht, müssen Sie ein Ehewohnungszuweisungsverfahren vor dem Familiengericht einleiten. So nennt man dieses Verfahren auch beim Einfamilienhaus. Das Gericht entscheidet dann, wer im Haus wohnen bleiben darf und wer ausziehen muss.
Unter dem Oberbegriff „unbillige Härte“ wird es stets eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls sein, die letztlich die Entscheidung des Gerichts ausmacht. Die einschlägige Norm hierzu ist § 1361b BGB. Sie müssen Tatsachen vortragen, die eine unerträgliche Belastung sind oder unerträglich schwere Beeinträchtigungen, die ein weiteres Zusammenleben unter einem Dach unzumutbar machen.

Welche Kriterien hat die Rechtsprechung entwickelt, um einen Streit über das Bleiberecht in der Ehewohnung, also auch im Haus, zu entscheiden?

Das Wohl der Kinder

Welche Entscheidung ist für die Kinder das Beste? Welcher Elternteil kann ihnen am besten das vertraute Familienheim und die emotionale Bindung an beide Eltern erhalten? Bei welchem Elternteil werden/sollen sie zukünftig leben? Ist die gewohnte Umgebung für die Kinder zwingend mit dem Haus verbunden, weil Schule und Freundeskreis daran hängen. Droht mit dem Fortbestand des Zusammenlebens im Haus eine Kindeswohlgefährdung, weil die Kinder in einen unerträglichen Loyalitätskonflikt geraten?

Häufig ist ein Wohnungszuweisungsantrag verbunden mit einem Sorgerechts- bzw. Aufenthaltsbestimmungsrechtsantrag und es bekommt dann derjenige auch die Ehewohnung zugewiesen, der das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder erhält. Einigen sich die Eltern auf ein Wechselmodell, ist häufig der Streit entschärft und über das Haus kann in Ruhe die Vermögensauseinandersetzung angegangen werden, d.h. Verkauf oder Auszahlung eines Gatten und der andere erwirbt das Alleineigentum.

Häusliche Gewalt

Gewalttätige Übergriffe von einem Ehegatten, insbesondere auch gegenüber den Kindern oder anderen im Haus lebenden Familienmitgliedern, führt in der Regel dazu, dass der Täter oder die Täterin das Haus verlassen muss. Die Formen häuslicher Gewalt können verschiedenster Art sein. Jede Gewaltform kommt in Betracht, so auch psychische Gewalt. Allerdings ist erforderlich, dass es sich um Vorkommnisse von einiger Erheblichkeit handelt. Bloße Unannehmlichkeiten und Spannungen, die stets mit einer Trennungssituation im Haus verbunden sind, reichen nicht aus. Hier ist im Einzelfall besonders konkreter Sachverhalt vorzutragen, der geeignet ist in einer Beweisaufnahme bestätigt zu werden.

Soziale Eingebundenheit im Ort

Wer von den Ehepartnern ist im Ort und der Umgebung der Ehewohnung sozial stark verwurzelt? Lebt zum Beispiel die Familie, insbesondere nahe Angehörige wie Eltern oder
Geschwister und deren Kinder in der Nähe? Sind pflegebdürftige Eltern in der Nähe zu versorgen? Hat ein Antragsteller seine Kindheit im Ort verbracht und Freundschaften
bestehen noch? Gibt es Engagement im Kindergarten oder der Schule der Kinder wie zum Beispiel im Elternbeirat? Wer ist in der näheren Umgebung des Hauses besonders sozial engagiert und daher sehr bekannt? Pflegt ein Ehegatte Vereinsleben oder Hobbys mit Nachbarn. Geht man zum Beispiel jeden Sonntag mit einer Ortsgruppe joggen oder wandern? Schließlich auch die Entfernung zum Arbeitsplatz, wenn er nur wenige Kilometer entfernt ist und einen schnellen Wechsel zwischen beruflichen und familiären Verpflichtungen ermöglicht.

Besondere Verbundenheit mit dem Haus, Alleineigentum

Wer hat in das Haus viel Arbeitskraft und Zeit investiert, einen Anbau zum Beispiel mit dem Vater selbst durchgeführt in vielen Stunden am Wochenende und in den Ferien neben dem Beruf. Auch die ständig anfallenden Instandhaltungsarbeiten übernommen oder einen besonders schönen Garten angelegt und gepflegt. Ist das Haus ein (vorweggenommenes) Erbe eines Ehegatten, das in seinem Alleineigentum steht?

Besondere Geeignetheit des Hauses für einen Ehegatten

Ist das Haus besonders behindertengerecht ausgebaut, weil einer der Partner an einer Behinderung leidet oder in sonstiger Weise krankheitsbedingt besonderer Pflege bedarf, ist ihr oder ihm die Zuweisung mit hoher Wahrscheinlichkeit sicher.

Die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse

Schließlich hat auch Gewicht die Frage, wer ist wirtschaftlich in der Lage, das Haus zu übernehmen und den anderen auszuzahlen bzw. wer ist finanziell in der Lage, auf dem Wohnungsmarkt Ersatzwohnraum zu finden. Wer ist der wirtschaftlich schwächere Teil der Ehegatten? Die finanzielle Gesamtsituation beider Ehegatten mit den Kindern wird abgewogen. Dabei spielt dann auch eine Rolle, wer ist unterhaltspflichtig und wer unterhaltsbedürftig. Wie ist der Stand der Belastungen auf dem Haus? Muss das Haus verkauft werden, weil die Gesamteinkünfte nicht ausreichen, um es zu halten.

Die räumlichen Verhältnisse im Haus

Das Besondere bei einem Ehewohnungszuweisungsverfahren betreffend das familiäre Zusammenleben in einem Haus besteht allerdings darin, dass bei großzügigen Wohnverhältnissen, was in einem Hausanwesen meistens der Fall sein dürfte, die räumliche Trennung im Haus in Betracht kommt, zumindest für die Zeit des Getrenntlebens bis zur Scheidung der Ehe. Das Gericht kann daher auch entscheiden, dass und wie die Räumlichkeiten im Haus zwischen den Ehegatten aufgeteilt werden, z.Bsp. wenn 2 Bäder vorhanden sind oder das Haus 2 Stockwerke hat oder eine Einliegerwohnung dazu gehört. Das Gericht wird Sie in diesem Fall zu einem Vergleich drängen, der in der Praxis meistens angenommen wird von den Parteien.

 

Cornelia Werner-Schneider, Fachanwältin für Familienrecht, Wiesbaden

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